Erwerbsloser verklagt Jobcenter / 20 Jahre erwerbslos / 2.000 Bewerbungen / 2.000.000 Euro Schadensersatz

13 Mai

Soeben erreicht mich die E-Mail eines Erwerbslosen, der jetzt nach 20 Jahren Erwerbslosigkeit zum Jubiläum mit seinem Jobcenter quasi abrechnet. Alles angefangen haben soll es im Jahre 1991 mit einem harmlosen Beratungsgespräch beim Arbeitsamt.  Dort nämlich will sich der junge Fachabiturient informiert haben, welcher Beruf denn die besten Chancen für einen Arbeitsplatz gehabt hätte.

Der damalige Arbeitsmarkt-Inspektoranwärter der Abteilung für Berufsberatung innerhalb des Arbeitsamtes soll ihm dann eine Art Top-Ten-Liste sogenannter Branchenkennzahlen der Industrie- und Handelskammer (IHK) vorgelegt haben und ihm spontan mit Platz 1 der Liste zum Beruf des Industriekaufmanns mit über 76.896 Beschäftigten geraten haben.  Der Fachabiturient willigte ein und absolvierte daraufhin innerhalb zweieinhalb Jahren die Ausbildung zum Industriekaufmann bei einem Pharma-Konzern, wurde jedoch nicht übernommen und meldete sich noch am gleichen Tag arbeitslos.

Der nunmehr frisch gebackene Erwerbslose schrieb sodann im ersten Jahr nach seiner Ausbildung über 300 Bewerbungen ohne Erfolg. Erneut beim Arbeitsmarkt-Inspektoranwärter vorstellig konnte dieser sich die überraschende Situation auf dem Arbeitsmarkt auch nicht erklären. Als der Erwerblose innerhalb des Beratungsgespräches dann gemeint haben will, daß die Statistik der Branchenkennzahlen der IHK vielleicht genau anders herum zu deuten wäre nämlich, daß wenn bereits 76.896 Industriekaufleute in der Industrie arbeiten würden – es auch besonders schwer wäre dort einen Arbeitsplatz zu erhalten, befand plötzlich auch der Mitarbeiter des Arbeitsamtes als durchaus logische Erklärung.

Geistesgegenwärtig will der Erwerbslose dann sofort um eine Umschulung gebeten haben auf ein Berufsbild, welches nicht soviele Menschen in der Industrie beschäftigt, um somit bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz zu haben.  Der Mitarbeiter des Arbeitsamtes soll dann gemeint haben, daß eine Umschulung nur dann möglich sei, wenn aus gesundheitlichen Gründen der zuvor erlernte Beruf nicht länger auszuüben sei. Auf die Frage des Erwerbslosen, wie es denn nun weitergehen soll, erwiderte der Mitarbeiter des Arbeitsamtes nun, daß er erst einmal durchhalten und weiter Bewerbungen schreiben sollte.

Und so kam es irgendwie, daß der Erwerbslose im Laufe der Jahrzehnte rund 2.000 Bewerbungen auf über 112 verschiedene Berufe  verschickte, sich zwischen der Bewerbungsschreiberei in diversen Trainingsmaßnahmen (Praktika) und Qualifizierungsmaßnahmen befand. „Ohne Berufserfahrung keine Arbeit“, hätten ihm zigtausende Arbeitgeber gesagt und teils auch geschrieben. Aber viele Arbeitgeber schienen vergessen zu haben, daß er ohne Arbeit auch keine Berufserfahrung sammeln konnte, so der Erwerbslose.

Der jetzt fast 40-jährige „Hauptmann von Köpenick“ hat jedenfalls Klage mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 1.999.829,90 Euro zuzüglich 18% Verzugszinsen gegen sein ehemaliges Arbeitsamt, nun Jobcenter, eingereicht.  Die Summe ergibt sich aus den akkumulierten Chemie-Tarif-Entgelten für Industriekaufleute der letzten 20 Jahre (einschließlich Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld und 7,9% p. a. Inflationsausgleich). Bei Zahlung von innerhalb 14 Tagen will der Erwerbslose auf die 18% p. a. Verzugszinsen verzichten, so der Rechtsanwalt des Erwerbslosen.

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