Zitat (Marcel Reich-Ranicki)

8 Okt

zum Ehrenpreis des deutschen Fernsehens

„ … Ich nehme diesen Preis nicht an … aber ich habe nicht gewußt, was hier auf mich wartet – was ich hier erleben werde –  ich gehöre nicht in diese Reihe … wäre der Preis mit Geld verbunden, hätte ich das Geld zurückgegeben – aber er ist ja nicht mit Geld verbunden. Ich kann nur diesen Gegenstand … von mir werfen. Ich kann das nicht annehmen.Und ich finde es auch schlimm, daß ich hier viele Stunden das erleben mußte …

Ich habe auch früher häufig Wichtiges im 3Sat-Programm gesehen, aber das hat sich jetzt geändert. Meist kommen da schwache Sachen. Aber nicht der Blödsinn, den wir hier zusehen bekommen haben … man muss wissen wozu das Fernsehen da ist – welche Aufgabe, welche Funktion hat es zum Donnerwetter … Man kann reine Unterhaltungsprogramme liefern die doch ein gewissen Niveau haben. Man muß nicht den Schwachsinn liefern – an diesem Abend – der war sehr wichtig dieser Preisverleih – da wurden verschiedene Nummern gezeigt die waren nicht schwach oder schlecht – die waren blödsinnig, die waren verblödet. Sowas darf man nicht zeigen.

Brecht, wenn man den hätte; der wäre der Richtige fürs Fernsehen … Ich habe jetzt weil ich diese kleine Rede bei der Preisverleihung da gehalten habe und den Preis zurück gegeben habe, haben mich sehr viele Leute gelobt in Zeitungen auch auf der Straße in Gesprächen für meinen Mut. Ich versteh das nicht. Es gibt doch keine GESTAPO mehr. Was für ein Mut ist nötig zu sagen das Programm ist schlecht? Ich versteh das nicht! Und so sehen wir betroffen,  den Vorhang zu und alle Fragen offen.“

Marcel Reich-Ranicki war ein deutsch-polnischer Autor und Publizist. Er gilt als einflussreichster deutschsprachiger Literaturkritiker seiner Zeit.